Tag des Waldkindergartens am 03. Mai - ein Plädoyer für den Kindergartenalltag draußen
In den 1950ern entstand in Dänemark ebendiese Idee, die uns so sehr begeistert. Zum Tag des Waldkindergartens möchten wir unsere Begeisterung gern einmal teilen.
Kinder draußen im Wald zu betreuen, und zwar die ganze Zeit über, darauf kam 1952 Ella Flatau, eine dänische Mutter, die mit ihren eigenen vier Kindern und Nachbarskindern den Tag im Wald verbrachte. Das fanden diese und weitere Eltern so gut, dass sie sich zusammenschlossen und den ersten Waldkindergarten eröffneten. Von da an breitete sich die Idee im skandinavischen Raum immer weiter aus. In den 1990er Jahren gab es dann in Deutschland den Aufschwung: Am 03. Mai 1993 öffnete in Flensburg der erste öffentliche und staatlich anerkannte deutsche Waldkindergarten. 1994 entstand durch eine Elterninitiative in Berglen der erste Waldkindergarten in Baden-Württemberg. Heute gibt es in ganz Deutschland über 2.000 Waldkindergärten.
Der Kindergartenalltag findet durchgehend draußen im Freien und bei jedem Wetter statt – Einschränkungen gibt es nur bei „gefährlichen“ Witterungsbedingungen. Aber für solche Fälle gibt es ja immer einen geschützten Ausgangsort: die beheizten Bauwagen. Der tägliche Aufenthalt in der freien Natur unterstützt die positive Entwicklung der Kinder. Sie bekommen die Möglichkeit, die Natur spielerisch zu erkunden, kennen und schätzen zu lernen. In dieser natürlichen und abwechslungsreichen Umgebung erleben sie gemeinsam mit ihren Erziehern jeden Tag Neues und bestreiten zusammen Abenteuer. Sie erhalten mehr kognitive, physische, emotionale und soziale Anregungen als anderswo.
Die Natur stellt zum Spielen und Lernen unzählige Inhalte und Materialien kostenlos zur Verfügung. So ist es möglich, auf handelsübliches Spielzeug zu verzichten. Die Kinder spielen mit den Naturgegenständen, die sie eben finden. Sie versammeln sich etwa einträchtig um ein Matschloch und formen Schüsseln. Der Wald hat einen enormen Aufforderungscharakter. Seine anregungsreiche Umgebung erfordert dabei stetiges Kommunizieren und fördert damit den Spracherwerb: Es gibt eben keine vorgefertigten Spielideen, dafür jedoch unendliche Möglichkeiten. Aber die Kinder müssen kommunizieren, damit ein Blatt in einer Pfütze zu einem Boot wird oder ein Stöckchen zu einem Kochlöffel. Die Kinder lernen, aus sich selbst heraus zu schöpfen, ohne auf Vorgaben oder vorgefertigte Spielsachen angewiesen zu sein.
Jeder Tag im Waldkindergarten ist abwechslungsreich. Die ganz normalen, alltäglichen Begegnungen machen den Kindergartenalltag so interessant. Sie sind Begleiterscheinung, ohne dass sie gezielt herbeigeführt werden müssten: der Forstarbeiter, der spontan erklärt, warum gerade dieser Baum gefällt werden muss; der Hundespaziergänger, dem man jeden Tag begegnet; die ältere Dame, die erzählt, wo es Ameisenlöwen zu beobachten gibt.
Das Waldgebiet ist ein zwar abgesichertes, aber dennoch kein vom TÜV auf angebliche Kindertauglichkeit überprüftes Gelände. Die Aufenthaltsplätze bieten den Kindern mit Bäumen, Sträuchern und Hügeln Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten. Durch das große Platzangebot im Wald und auf der Wiese darf jedes Kind seinen Freiraum haben und die Erzieher können gezielt und individuell auf jedes Kind eingehen. Es erlebt Stille, aber auch Lebendigkeit, muss sich konzentrieren, darf sich aber auch ausleben, wild und laut sein.
Denn der Wald, er ist nicht nur etwas, den die Kinder wertschätzen lernen, der Wald ist gleichzeitig Erzieher. Er fördert das körperliche, mentale und soziale Wohlbefinden der Kinder. Die Grob- und Feinmotorik werden geschult. Durch die vielen Bewegungsmöglichkeiten werden die Kinder sicherer und lernen, sich selbst besser einzuschätzen. Sie üben Gleichgewicht und Haltung genauso wie Fingerfertigkeit und Geschicklichkeit. Die Möglichkeit zu haben, so viel körperlich aktiv zu sein, kommt dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder entgegen. Und wenn es mal laut ist, haben die Geräusche Raum, sich zu verteilen.
Gleichzeitig fordert der Wald aber auch Ruhe und sorgt damit für einen gesunden Ausgleich. Tiere beobachten zu können, bedeutet, still zu sein, zu lauschen, zuzuhören. Die Kinder dürfen Tiere und Pflanzen hautnah erleben und erwerben einen großen Wissensschatz an Tier- und Pflanzenarten. Ruhe brauchen aber nicht nur die Tiere. Auch die Kinder nehmen sich ihre Ruhezeiten und sind weniger reizüberflutet, wenn sie einfach mal im Gras oder in der selbstgebauten Hängematte liegen dürfen.
Ist es im Gras nass, weil es regnet oder der Morgentau noch nicht verschwunden ist, spüren es die Kinder am eigenen Körper. Genauso nehmen sie die Temperaturänderung wahr, wenn es über den Tag wärmer oder auch mal kälter wird. Dann können sie die eine oder andere Kleidungsschicht aus- oder wieder anziehen.
Kinder im Waldkindergarten ziehen sich wetterbedingt häufiger an oder aus. Für die Kleinsten nicht immer ganz einfach. Aber da helfen sich alle gegenseitig, sie interagieren in alltäglichen Situationen und dies führt zu einem tollen Gemeinschaftsgefühl. Nicht zuletzt stärken die Kinder durch den langen Aufenthalt an der frischen Luft ihr Immunsystem. Und Krankheiten, die in geschlossenen Räumen schnell weitergegeben werden, bleiben im Wald bei einzelnen Kindern.
Was macht ein Waldkind noch aus? Es hat gelernt, die kleinsten Wunder der Natur zu entdecken. So kann eine kurze Wegstrecke mal eine Stunde dauern. Gleichzeitig haben Waldkinder aber auch eine enorme Ausdauer. Die Eltern müssen diesem Bewegungsdrang auch dann gerecht werden, wenn der Waldkindergarten in den Ferien geschlossen hat. Waldkinder springen nicht nur durch Pfützen, sie liegen darin. Bedeutet das einen häufigen Einsatz der Waschmaschine? Nein, die Matschhose steht von allein und das Kind kann morgens einfach wieder hineingehoben werden.
Das ist ja alles schön und gut, aber ist es für die Kinder nicht anstrengend, bei Wind und Wetter immer draußen zu sein? Weite Wege zu beschreiten, manchmal mit kalten Füßen und mit schwerem Rucksack? Wespen, die das Frühstück streitig machen, während die Vesperdose auf den Knien balanciert werden muss, damit nichts herunterfällt? Gewiss ja, aber die Kinder wachsen daran, denn sie erfahren eine Menge Selbstwirksamkeit. Aufstehen, wenn sie über die dritte Wurzel gestolpert sind, einen Baum ganz allein herauf- und hinunterklettern – all das schafft Selbstvertrauen, es macht die Kinder stolz, es geschafft zu haben. Tag für Tag, Monat für Monat neue Herausforderungen zu erleben und zu bewältigen, führt zur Erkenntnis: „Das habe ich noch nie vorher versucht. Also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe!“ (Pipi Langstrumpf). Waldkindergärten bereiten damit bestens auf den nächsten Lebensabschnitt Schule vor und schaffen beste Voraussetzungen, damit Kinder die Herausforderungen des Lebens bestehen.
Und sollte es nun immer noch den kleinsten Zweifel an dieser Kindergartenwahl geben – ist das vielleicht doch nur schwärmerische Naturromantik? Der Zweifel ist spätestens dann verflogen, wenn der Blick in schmutzige, glückliche, zufriedene und ausgeglichene Kindergesichter fällt. Am Ende des Tages, wenn die Füße dreckig, das Haar zerzaust und die Augen leuchtend sind.
Unser Waldkindergarten wurde 2010 von einer Gruppe engagierter Eltern gegründet und sind als Elterninitiative eine Einrichtung in freier Trägerschaft. Wir bieten Platz für 20 Kinder im Alter von 3 Jahren bis zum Schuleintritt. Betreut werden unsere kleinen Buntspechte, wie wir sie nennen, durch ein pädagogisch ausgebildetes Erzieherteam.
Schöckingen ist der kleinste Stadtteil der großen Kreisstadt Ditzingen mit viel Landwirtschaft, Tieren, Acker- und Wiesenflächen. Im Umkreis liegen Hirschlanden, Höfingen, Heimerdingen, Münchingen und Hemmingen. Der Stammsitz des Kindergartens sind zwei Bauwagen, die auf einem Wiesengrundstück am Ortsrand stehen – der sogenannte Wiesenplatz.
Hauptsächlich halten wir uns im Wald auf. Hier stehen uns fest zugewiesene Waldgebiete zur Verfügung, die fußläufig, auch und vor allem für die Kinder, gut zu erreichen sind. Selbstverständlich wird regelmäßig auf Baumsicherheit untersucht. Der Wald als Biotop bietet ein Rundumerlebnis, dessen Entdeckung eine einmalige persönlichkeitsprägende Erfahrung sein kann.
Der Schöckinger Wald ist eine Mischwald. Hauptsächlich besteht er aus Buchen, Eichen und Waldkiefern. Es gibt aber auch einige reine Fichtenansammlungen, die einen Kontrast zu dem Licht durchfluteten Mischwald und somit natürlich auch einen anderen Lebensraum bietet (Pflanzen- und Tierwelt betreffend).
Unsere Konzeption
Erkläre mir, und ich vergesse.
Zeige mir, und ich erinnere.
Lass es mich tun, und ich verstehe.
Konfuzius
Ziel unserer Arbeit als Waldkindergarten ist es, den Kindern die Möglichkeit zu bieten, Natur hautnah mit allen Sinnen zu begreifen und somit eine emotionale Bindung zur Natur zu fördern. Durch das direkte und unmittelbare Erleben der Jahreszeiten und das Kennenlernen der Tier- und Pflanzenwelt entsteht Achtung und Wertschätzung für den natürlichen Lebensraum. Dies ist die Basis für eine positive Einstellung zur Natur und einem nachhaltigen Naturschutzdenken.
Gleichzeitig bereiten wir die Kinder in allen Kompetenzen auf die Schule vor. Die verschiedenen Entwicklungsbereiche der Kinder sprechen wir in unserer täglichen Arbeit ganzheitlich an. Sie werden stets durch mehrere Verbindungen gleichzeitig erlebt und gefördert.
Als Elterninitiative sind wir Eltern, neben unserem Erzieherteam, maßgeblich an der Gestaltung des Kindergartenalltags beteiligt. Die organisatorischen Rahmenbedingungen, die Abstimmung mit Kooperationspartnern sowie verschiedene Feste im Jahreskreislauf werden ehrenamtlich durch den Vorstand des Vereines und verschiedene Elternteams geleistet. Der Kindergarten ist so mehr für uns als „nur ein Kindergarten“ – er ist Familie.
Unser pägadogisches Team
Unser Erzieherteam ist einer der wichtigsten Bestandteile dieser „Familie“. Das Team vermittelt den Kindern Wissen, den wertschätzenden Umgang mit Pflanzen und Tieren, unterstützt bei der Entwicklung sozialer Kompetenzen und ist Bindeglied zwischen Eltern und Kindern. Der Austausch und das Miteinander helfen uns die Entwicklung der Kinder von unseren Jüngsten, den kleinen „Mäuschen“, hin zu unseren Vorschülern, den selbstständigen „Eulen“, individuell zu begleiten.
Iris Grossmann (Leitung)
Hallo, mein Name ist Iris. Ich bin staatlich anerkannte Erzieherin und Evolutionspädagogin.
Bereits während der Ausbildung zur Erzieherin kristallisierte sich zunehmend heraus, dass mich die Arbeit mit den Kindern im Wald und in der Natur erfüllt. Dies wurde durch meine Erfahrungen der letzten Jahre im Natur- und Waldkindergarten bestätigt.
Als Erzieherin ist es meine Aufgabe den Kindern den notwenigen Rahmen zu bieten. Es ist mir dabei ein besonderes Anliegen, die Kinder in ihrer Individualität zu bestärken und sie in ihrer Entwicklung ganzheitlich zu fördern.
Aron Grimme
Hallo, mein Name ist Aron. Seit 2018 bin ich staatl. anerkannter Jugend- und Heimerzieher.
Schon als Kind war ich viel in der Natur unterwegs und weiß, wie wichtig diese Erfahrungen beim Heranwachsen sind. Besonders begeistert bin ich davon, was Kinder mit dem Vorhandenen im Wald und der Natur alles bewirken können, wenn man ihnen die Möglichkeit und Freiheit dazu gibt. Ich freue mich deshalb sehr, sie beim Entdecken, Erbauen und Lernen zu begleiten.
Till Tutsch
Hallo, mein Name ist Till. Ich bin seit dem 01.10.2021 als Dualer Student für Sozialpädagogik bei den Buntspechten.
Schon immer hat mich die soziale Arbeit mit Menschen und die Natur begeistert. In meinem FSJ im Waldkindergarten „Waldhörnchen“ in Markgröningen, konnte ich erfahren, dass dieser Beruf mich sehr erfüllt und freue mich die Kinder auf ihrem Weg begleiten und unterstützen zu dürfen.
Kooperationspartner
Wir arbeiten mit zahlreichen Einrichtungen, Organisationen und Ansprechpartnern zusammen.
Als Besonderheit in unserem Kindergarten bieten wir unseren Kindern immer mal wieder die Möglickeit an, auf Ponys zu reiten. Dies wird in Zusammenarbeit mit einer staatlich anerkannten Erzieherin durchgeführt, die am eigenen Hof mehrere Pferde und Ponys besitzt.
Regelmäßig besuchen wir die Bücherei im Ortsteil. Hier leihen wir Bücher aus und besuchen das Bilderbuchkino. Auch mit der Feuerwehr, der ortsansässigen Bäckerei, dem Nabu und einem Imker gibt es Kooperationen.
Wir arbeiten mit den Grundschulen zusammen, zu denen unsere Vorschüler später gehen werden. Es findet ein regelmäßiger Austausch zwischen unserem pädagogischem Team und den Kooperationslehrkräften statt. Diese besuchen uns und lernen unsere Vorschüler kennen. Die Vorschüler gehen auch mal zum
Schnuppern mit in die Grundschule.
Natürlich stehen wir in engem Kontakt zu unserem Förster. Das versteht sich ja fast von selbst.
Darüber hinaus gibt es noch viele andere Gruppen, Vereine und Personen, die mit uns zusammenarbeiten.